SOLVIS – Hybrid-Heizungen bringen neues Wachstum und Jobs
Artikel aus der Braunschweiger Zeitung vom 08. September 2020
BRAUNSCHWEIG. Der Braunschweiger Mittelständler bewältigte mit neuen Produkten und gestärktem Vertrieb eine schwere Krise. Die Zahl Mitarbeiter stieg auf 180.
Von Andreas Schweiger, Wirtschaftsredaktion Braunschweiger Zeitung
Vom Vorzeigebetrieb zum Sanierungsfall zum Unternehmen auf Wachstumskurs. Und immer ein bisschen anders. Das ist die Geschichte des mittelständischen Unternehmens Solvis aus Braunschweig, das sich auf den Bau hochwertiger Heizungsanlagen spezialisiert hat. Nach 28 Millionen Euro Umsatz im vergangenen Jahr erwarten die Geschäftsführer Gabriele Münzer und Markus-Oliver Kube einen Sprung auf etwa 40 Millionen Euro in diesem Jahr – trotz Corona-Krise, aber auch dank öffentlicher Fördermittel für die Erneuerung von Heizungsanlagen. ,,Solvis ist deutlich profitabel“, sagt Kube im Gespräch mit unserer Zeitung.
Bekannt wurde Solvis als Hersteller von Solar-Heizungsanlagen. Bekannt wurde Solvis auch dadurch, dass die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligt waren. Und Solvis baute in Braunschweig eine Fabrik, die die Energie, die sie benötigt, dank Solarkollektoren selbst erzeugte. All das hat sich geändert.
Der Krise folgte ein Umbruch
2015 geriet das Unternehmen in die Krise, stand kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Es war die Zeit, in der die gesamte deutsche Solarbranche in Schräglage kippte. Außerdem habe Solvis Lücken in seinem Produktportfolio gehabt, sagt Kube. Es folgte eine Zeit des Umbruchs. Der Gläubiger-Ausschuss hatte seinerzeit dem Verkauf von Solvis an einen Investor aus Österreich zugestimmt. 15 private Geldgeber hatten sich in der Investorengruppe Andlinger & Company zusammengeschlossen.
Sie ist noch heute Solvis-Gesellschafter, hält aber nach Angaben Kubes nur noch eine Minderheitsbeteiligung. Denn 2017 übernahmen die Mitglieder der heutigen Geschäftsleitung die Mehrheitsanteile: Neben Geschäftsführer Kube Geschäftsführerin Münzer, Vertriebschef Volker Kremer sowie Produktions- und Entwicklungschef Claas Rühling.
Zum Umbruch gehört, dass die Mitarbeiter nicht mehr am Unternehmen beteiligt sind. Die Fabrik erzeugt zwar immer noch einen Großteil des eigenen Energiebedarfs, aber nicht mehr zu 100 Prozent. Und: Solvis hat sich mit seinen Produkten deutlich breiter aufgestellt. Das sei neben der besondern Vertriebsstruktur ein Schlüssel für den heutigen Erfolg, sagen Kube und Münzer. Dass diese Strategie aufgegangen sei, sei vor allem der Erfolg der Mitarbeiter. Kube: ,,Das ist das Ergebnis von dreieinhalb Jahren harter Arbeit.“
Solvis baut zwar immer noch Kollektoren, um die Sonnenergie für Heizungssysteme nutzen zu können. Gleichzeitig können aber mehrere Wärmeerzeuger gekoppelt werden: zum Beispiel Sonnenenergie mit Gas, Öl, Wärmepumpe oder Pellets. Das Stichwort lautet Hybrid-Heizung. Außerdem können die Anlagen erweitert und auf andere Energieträger umgerüstet werden. Laut Kube ist daher bei einer Veränderung kein kompletter Austausch der Anlage notwendig. Herzstück der Heizung ist ein spezieller Pufferspeicher, der besonders sparsam arbeite.
Das Unternehmen setzt auf Eigenentwicklung und Komponenten aus Deutschland. Kessel, Speicher, Wärmepumpen, Pelletheizungen, Kollektoren und Frischwassersysteme produziert Solvis selbst. Um sich das Know-how der Regelungstechnik zu sichern und der zunehmenden Digitalisierung auch im Heizungsbau Rechnung zu tragen, übernimmt Solvis zum Jahreswechsel den bisherigen Lieferanten der Regelungstechnik: Prozeda aus Eggolsheim in Franken. Zudem will Solvis 2,5 Millionen Euro in eine neue IT investieren.
Beschäftigte Solvis 2015 noch 130 Mitarbeiter, sind es nach Angaben der Geschäftsführer aktuell 180, davon 20 Entwickler. Durch die Übernahme kämen knapp 20 hinzu. Der Standort in Süddeutschland soll künftig auch als Lager genutzt werden.
Als besondere Stärke bezeichnet Kube das Vertriebsnetz. Solvis arbeite stets direkt mit dem Handwerk zusammen – allein in Deutschland seien dies 800 Betriebe. Das Handwerk werde auch an der Entwicklung der Produkte beteiligt, könne Vorschläge einbringen, wenn es etwa um Montage oder Design gehe. Zugleich könne Solvis Handwerksbetriebe mit Personal unterstützen oder die Förderanträge für deren Kunden bearbeiten.
Größter Markt ist Deutschland
Diese Vertriebsstruktur sei sehr breit aufgestellt und damit entsprechend zuverlässig. Die Weiterempfehlung sei eine Säule des Erfolgs. In Deutschland macht Solvis laut Kube 85 Prozent seines Geschäfts, im europäischen Ausland 15 Prozent.
Die Zukunft sehen die Geschäftsführer in der Digitalisierung der Heizungsanlagen, zum Beispiel in der Anbindung an das „Smart Horne“ – also an das intelligente Zuhause. Ein weiteres Wachstumsfeld sollen Anlagen unter anderem für Wohnheime oder Pflegeeinrichtungen werden. Auch in diesen Fällen würde das Produktportfolio erweitert. Kube setzt auf ein Wachstum zwischen 6 und 14 Prozent jährlich. Münzer betont: ,,Ziel ist ein organisches, ein gesundes Wachstum. Nachhaltigkeit ist unser Antrieb: sozial, ökonomisch und ökologisch.“